Papier

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Im Lerncoaching geht es manchmal auch um die richtige Lesestrategie. Vor allem, wenn in Studienfächern viel gelesen werden muss, ist eine solche hilfreich. Dabei vergisst man oft, dass auch die Form, in der der Stoff angeboten wird, eine wichtige Rolle spielt.

Bücher lassen sich seit wenigen Jahren nicht mehr nur in Papierform lesen, sondern auch in digitaler Form lesen – auf Tablets oder E-Readern. Dass es zwischen diesen zwei Lesearten weit mehr Unterschiede gibt, als das bloße „Handling“, zeigt der Artikel „Die Vorzüge des Blätterns“ im Magazin „Gehirn und Geist“.

Zunächst müssen wir uns die Frage stellen, was in unserem Gehirn beim Lesen passiert:

Texte werden wie tastbare Objekte behandelt.

Unser Gehirn interpretiert beim Lesen die Bücher als eine Art Landschaft. Wir konstruieren vor unserem inneren Auge ein geistiges Abbild des Textes.

Diese Tatsachen erklären, warum wir uns – wenn wir aufgefordert werden eine bestimmte Information in einem Buch wiederzufinden – oft an die Position im Text erinnern, wo diese aufgetaucht ist.

Ein geöffnetes Buch bietet uns nämlich eine auffällige Topografie.

Eine rechte, eine linke Seite, acht Ecken. Wir fühlen das Gewicht und können abschätzen wie viel wir noch zu lesen haben, wenn wir weiterblättern. All diese Kleinigkeiten lassen uns leichter beim Lesen navigieren.

Bei Tablets besteht diese Möglichkeit nicht, weshalb es uns schwer fällt, Textpassagen im Kontext des ganzen Buches wahrzunehmen.

Textlandschaften rauschen an uns vorbei, ohne Spuren zu hinterlassen. Diese eingeschränkte Orientierung im Text beeinträchtigt auch unser Textverständnis.

In einer Studie aus dem Jahr 2003 wurde eben dieses Textverständnis erforscht.

Schüler einer Uni sollten jeweils eine Erzählung und einen Sachtext lesen – die eine Hälfte laß auf Papier, die andere digital. Anschließend sollten sie Fragen zum Text beantworten und durften im Zweifelsfall nochmal im Text nachschauen.

Das Ergebnis: wer den virtuellen Text gelesen hatte, schnitt schlechter ab, als derjenige, dem die Papierform vorlag. Die Forscher vermuten, dass es den Schülern schwerer fiel, gezielt Informationen im digitalen Text wiederzufinden. Vermutlich beansprucht das Lesen auf Papier weniger unsere kognitive Kapazität.

Eine weitere Studie relativierte den Unterschied im Textverständnis. Die zwei Probanden-Gruppen schnitten in einem Test ähnlich ab. Sie unterschieden sich allerdings darin WIE sie sich an das Gelesen erinnerten.

Der Lesestoff in digitaler Form wurde eher erinnert (d.h. Die Informationen wurden in Verbindung mit dem Kontext abgerufen).Die Studenten der Papierlektüre hingegen erinnerten sich nicht an die Informationen, sie wussten sie.

Das Gelesen war also bereits tiefer verankert.

Das Fazit der Forscher: Studienmaterial lässt sich gedruckt wohl schneller erfassen.

Doch vielleicht nehmen diese Unterschiede beim Leseverständnis im Laufe der Zeit ab, wenn wir uns an digitale Texte gewöhnt haben.

Sollten sie diesen Artikel oder ähnlich wichtige Informationen verinnerlichen wollen, so drucke Sie diese am Besten aus.

– Laura-Sophie Usinger –

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